Unser
Keller war, wie viele andere auch, ein mit Dachlatten
abgegrenzter Bereich. Irgendwann hatte mein Vater die Idee,
da unten einen Hobbyraum zu bauen - für sich. Die Dachlatten
kamen raus, dicke Vierkantbalken und Rigipsplatten rein.
Innen Raufasertapete, an der Decke Styroporplatten und auf
dem Boden ein alter, ausgedienter Teppich. Wie ein kleines
Wohnzimmer sah es da jetzt aus! Beim Kellerausbau war ich
immer dabei. Dass ich dann aber so ab November immer früh ins
Bett musste und meine Eltern sich wochenlang abends im
Keller aufhielten, verwunderte mich und machte mich
neugierig. Zumal ich auch nicht mehr in den Keller durfte. Irgend etwas ging da vor, was vor mir strengstens
geheim gehalten wurde!
Wiederum an
Heilig Abend wusste ich dann warum! Eine neue, große
Eisenbahn Anlage mit vielen Gleisen, Weichen, Signalen und
neuen Loks und Wagen war da aufgebaut! Und ein großer
Fernsehturm, der oben blinkte. Und die schöne Fototapete mit
Bergen! Da habe ich dann auch nicht mehr nachgedacht, dass
es immer noch TRIX Express und keine Märklin
war. Wochenlang hatten meine Eltern abends Häuschen geklebt
und beleuchtet, Straßen gebaut und Landschaften angelegt.
Und ein zweiter Trafo war dazugekommen! Damit konnte ich
jetzt zwei Züge unabhängig von einander fahren lassen. Ich
habe bis morgens um 6 Uhr im Keller gesessen und gespielt!
Von Hunger und Müdigkeit keine Spur!
Auch diese
Anlage wurde dann später noch einmal erweitert. Der erste
Entwurf löste neben Begeisterung meinerseits vor allem eins
aus: zwei rot blinkende Trafos, die damit einen fetten
Kurzschluss signalisierten! Der Bogen (gelber Pfeil) unter
der Brückenrampe bildete nämlich eine Kehrschleife, die mit
Dreischienen-Dreileiter nicht so einfach realisierbar ist.
Die beiden Außenschienen bilden jeweils separate Leiter, die bei
einer Kehrschleife entgegengesetzt aufeinandertreffen. Nach
einer Gleisplan Änderung wurde aber auch dieses Problem
schnell gelöst.
Mit Märklin Wechselstrom wäre das nicht passiert! ;-)
An dieser Anlage
in L-Form habe ich viele Stunden verbracht und Spaß beim
Spielen gehabt. Mit der Zeit kamen dann noch weitere Waggons
dabei. Wir erhielten dann noch einen zweiten, etwas
kleineren Kelleraum dazu. Weil mein Vater seine Filmsachen
immer oben im Wohnzimmer aufbauen musste, was auf Dauer
meine Mutter nervte, wollte er auch seinen eigenen Raum für
sein Hobby haben. Deswegen musste ich dann in den neuen
Kellerraum umziehen. Die Eisenbahn wurde wieder in eine
kleinere Rechteck-Anlage zurückgebaut. Ich kann mich nicht
mehr daran erinnern, wie sie ausgesehen hat. Und Bilder
davon gibt es auch hier leider nicht!
Irgendwann hatte
ich in meinem Zimmer eine kleine LEGO-Eisenbahn
aufgebaut, weil ich mal was anderes spielen wollte. Mein
Vater regte sich tierich auf. "Im Keller eine teure
Eisenbahn, und du spielst hier mit LEGO!" Wenn ich
keine Lust mehr hätte, könne man die Eisenbahn ja abbauen! Dann habe ich sie eben abgebaut!
Es waren aber auch andere Interessen dazugekommen. Heute würde man sagen „Eisenbahn
ist doch
voll uncool!“ Und leider war mein Vater "nur" Elektriker,
der Spaß am Aufbau und verdrahten der Anlage hatte. Aber er
war kein Eisenbahn Fan! Als ich Mitte der 80er von zuhause
ausgezogen bin, habe ich irgendwann alles verkauft. Ein ganz
großer Fehler !!!
So, oder so ähnlich war der Gleisplan. Ich habe hier mit"WinTrack"
mal was zusammengeschustert. Stückzahlen und Art der
Gleise stimmen natürlich nicht. Mehr konnte ich aus der
Erinnerung aber auch nicht rekonstruieren. Die original
Gleispläne existieren selbstredend nicht mehr. Alles, was
heute noch an die schöne Anlage erinnert, sind eingescannte
Dias und ein von der Leinwand abgefilmter Super-8 Film in
grausamer Qualität!
Alle
Anlagen hatten aber eins gemeinsam: Ich bekam sie „fertig“
vorgesetzt und durfte nur eins damit: Spielen! Bei den
Erweiterungen war ich zwar dabei, durfte aber nur zusehen
und Werkzeug reichen. Besser, ich MUSSTE dabei sein! Egal,
ob ich etwas anderes vor hatte. "Der Papa baut die Eisenbahn
um, dann bleibst du gefälligst zuhause!" Vater bestimmte,
plante, entwarf und machte! O.K., er bezahlte auch oft, wenn
mein Sparschwein wieder mal leer war.
Veränderungen an der Anlage durch mich waren aber verboten!
Es gab schon Stress, wenn ich nur mal ein paar Häuschen
umgesetzt habe. Jahre später hat er seinen Fehler
eingesehen. Er hätte mich besser auch mal machen lassen.
Vielleicht wäre ich nie fertig geworden, es wäre aber für
mich interessanter gewesen!
Das war - so glaube ich heute - auch mit ein Grund, warum
ich das Interesse an der Eisenbahn verlor.
Andererseits konnte man Vater aber auch nie etwas recht
machen! Da hätte ich mich noch so anstrengen können. Ich war
damals immer schon etwas neidisch auf die Kinder, die mit
ihren Väter gemeinsam(!) an der Eisenbahn bauten. So etwas
hätte ich mir auch gewünscht.
Und auch heute bewundere ich es, wenn Opa, Sohn und
Enkel noch eine Anlage von damals besitzen, die sie
gemeinsam gepflegt, erneuert
und weiterentwickelt haben!