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1970 - Kellerbahn

Unser Keller war, wie viele andere auch, ein mit Dachlatten abgegrenzter Bereich. Irgendwann hatte mein Vater die Idee, da unten einen Hobbyraum zu bauen - für sich. Die Dachlatten kamen raus, dicke Vierkantbalken und Rigipsplatten rein. Innen Raufasertapete, an der Decke Styroporplatten und auf dem Boden ein alter, ausgedienter Teppich. Wie ein kleines Wohnzimmer sah es da jetzt aus! Beim Kellerausbau war ich immer dabei. Dass ich dann aber so ab November immer früh ins Bett musste und meine Eltern sich wochenlang abends im Keller aufhielten, verwunderte mich und machte mich neugierig. Zumal ich auch nicht mehr in den Keller durfte. Irgend etwas ging da vor, was vor mir strengstens geheim gehalten wurde!
 
1970 - Keller-Eisenbahn Version 1 Wiederum an Heilig Abend wusste ich dann warum! Eine neue, große Eisenbahn Anlage mit vielen Gleisen, Weichen, Signalen und neuen Loks und Wagen war da aufgebaut! Und ein großer Fernsehturm, der oben blinkte. Und die schöne Fototapete mit Bergen! Da habe ich dann auch nicht mehr nachgedacht, dass es immer noch TRIX Express und keine Märklin war. Wochenlang hatten meine Eltern abends Häuschen geklebt und beleuchtet, Straßen gebaut und Landschaften angelegt. Und ein zweiter Trafo war dazugekommen! Damit konnte ich jetzt zwei Züge unabhängig von einander fahren lassen. Ich habe bis morgens um 6 Uhr im Keller gesessen und gespielt! Von Hunger und Müdigkeit keine Spur!
 
Kehrschleife führte zum Kurzschluss! Auch diese Anlage wurde dann später noch einmal erweitert. Der erste Entwurf löste neben Begeisterung meinerseits vor allem eins aus: zwei rot blinkende Trafos, die damit einen fetten Kurzschluss signalisierten! Der Bogen (gelber Pfeil) unter der Brückenrampe bildete nämlich eine Kehrschleife, die mit Dreischienen-Dreileiter nicht so einfach realisierbar ist. Die beiden Außenschienen bilden jeweils separate Leiter, die bei einer Kehrschleife entgegengesetzt aufeinandertreffen. Nach einer Gleisplan Änderung wurde aber auch dieses Problem schnell gelöst.
Mit Märklin Wechselstrom wäre das nicht passiert! ;-)
 
Linker Teil der Anlage An dieser Anlage in L-Form habe ich viele Stunden verbracht und Spaß beim Spielen gehabt. Mit der Zeit kamen dann noch weitere Waggons dabei. Wir erhielten dann noch einen zweiten, etwas kleineren Kelleraum dazu. Weil mein Vater seine Filmsachen immer oben im Wohnzimmer aufbauen musste, was auf Dauer meine Mutter nervte, wollte er auch seinen eigenen Raum für sein Hobby haben. Deswegen musste ich dann in den neuen Kellerraum umziehen. Die Eisenbahn wurde wieder in eine kleinere Rechteck-Anlage zurückgebaut. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie sie ausgesehen hat. Und Bilder davon gibt es auch hier leider nicht!
 
Rechter Teil der Anlage Irgendwann hatte ich in meinem Zimmer eine kleine LEGO-Eisenbahn aufgebaut, weil ich mal was anderes spielen wollte. Mein Vater regte sich tierich auf. "Im Keller eine teure Eisenbahn, und du spielst hier mit LEGO!" Wenn ich keine Lust mehr hätte, könne man die Eisenbahn ja abbauen! Dann habe ich sie eben abgebaut! Es waren aber auch andere Interessen dazugekommen. Heute würde man sagen „Eisenbahn ist doch voll uncool!“ Und leider war mein Vater "nur" Elektriker, der Spaß am Aufbau und verdrahten der Anlage hatte. Aber er war kein Eisenbahn Fan! Als ich Mitte der 80er von zuhause ausgezogen bin, habe ich irgendwann alles verkauft. Ein ganz großer Fehler !!! 
 nicht maßstabsgetreuer Gleisplan So, oder so ähnlich war der Gleisplan. Ich habe hier mit "WinTrack" mal was zusammengeschustert. Stückzahlen und Art der Gleise stimmen natürlich nicht. Mehr konnte ich aus der Erinnerung aber auch nicht rekonstruieren. Die original Gleispläne existieren selbstredend nicht mehr. Alles, was heute noch an die schöne Anlage erinnert, sind eingescannte Dias und ein von der Leinwand abgefilmter Super-8 Film in grausamer Qualität!

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Alle Anlagen hatten aber eins gemeinsam: Ich bekam sie „fertig“ vorgesetzt und durfte nur eins damit: Spielen! Bei den Erweiterungen war ich zwar dabei, durfte aber nur zusehen und Werkzeug reichen. Besser, ich MUSSTE dabei sein! Egal, ob ich etwas anderes vor hatte. "Der Papa baut die Eisenbahn um, dann bleibst du gefälligst zuhause!" Vater bestimmte, plante, entwarf und machte! O.K., er bezahlte auch oft, wenn mein Sparschwein wieder mal leer war.
Veränderungen an der Anlage durch mich waren aber verboten! Es gab schon Stress, wenn ich nur mal ein paar Häuschen umgesetzt habe. Jahre später hat er seinen Fehler eingesehen. Er hätte mich besser auch mal machen lassen. Vielleicht wäre ich nie fertig geworden, es wäre aber für mich interessanter gewesen!
Das war - so glaube ich heute - auch mit ein Grund, warum ich das Interesse an der Eisenbahn verlor.
Andererseits konnte man Vater aber auch nie etwas recht machen! Da hätte ich mich noch so anstrengen können. Ich war damals immer schon etwas neidisch auf die Kinder, die mit ihren Väter gemeinsam(!) an der Eisenbahn bauten. So etwas hätte ich mir auch gewünscht.
Und auch heute bewundere ich es, wenn Opa, Sohn und Enkel noch eine Anlage von damals besitzen, die sie gemeinsam gepflegt, erneuert und weiterentwickelt haben!